Miffy

Seine Bücher

Gut sechzig Jahre lang entwarf Dick Bruna kleine Bilderbücher nach einem festen Muster: handliche, quadratische kleine Bücher mit 12 Zeichnungen auf der rechten Seite und einem Vierzeiler auf der linken Seite.

Freiraum für die eigene Fantasie

Das erste Buch

Sein erstes Bilderbuch "Der Apfel" entwarf Dick Bruna 1953. Dieses Buch erschien in einem rechteckigen Format. Auf jeder Seite steht eine Illustration mit einem zweizeiligen Text. Zwei Jahre später folgte das erste Buch über Miffy. Und dieses Buch hatte den Titel "Miffy". Im selben Jahr erschien auch "Miffy im Zoo". Erst 1959 erschienen die Bücher im bekannten quadratischen Format (16 x 16 cm), wobei die Illustrationen immer auf der rechten Seite und die Vierzeiler auf der linken Seite stehen. Dick Bruna beschloss, das Format den kleinen Händen seiner Leser anzupassen und das Buch mit einem stabilen Cover zu versehen, damit es noch länger hält. Als erstes Buch erschien "De Appel" in der neuen Ausgabe. Danach folgten auch neue Versionen von "Miffy" und "Miffy im Zoo". Für die quadratische Ausgabe der Bilderbücher entwarf Dick Bruna neue Zeichnungen und schrieb neue Texte. 2001 erschien das hundertste Bilderbuch von Dick Bruna. Es heißt "Miffy, das Gespenst". Insgesamt hat er über 120 Bücher entworfen! Das letzte Buch erschien 2011.

 

“Weil Dick Bruna Miffy lieber mit Kleid als mit Hose zeichnet, wird Miffy zum Mädchen.”

Vom Rechteck zum Quadrat

Weil die Bücher seit 1959 im quadratischen Format verlegt werden, sind die ersten rechteckigen Bücher inzwischen zu richtigen Sammlerstücken geworden! Zur Ehrung dieser ersten sieben Bilderbücher, die nicht mehr neu erscheinen werden, hat der Verlag beschlossen, die Zählung der quadratischen Bücherreihe bei Nummer 8 zu beginnen. 

 

Weniger ist mehr

Der Dick-Bruna-Stil ist an seiner Einfachheit und universellen Ehrlichkeit zu erkennen. Die Einfachheit bietet jedem Kind den Freiraum für seine eigene Fantasie. Das Werk Dick Brunas zeichnet sich durch die schwarzen mit dem Pinsel gezogenen Konturen und die klaren und lebendigen Farben aus, wobei die Pinselstriche den Herzschlag des Zeichners zum Ausdruck bringen. Seine präzisen Linien vermitteln Herzlichkeit und Feingefühl. 

 

“Ich lasse jedem Kind den Freiraum für seine eigene Fantasie.”

Dick Bruna hat sich sehr eingehend damit beschäftigt, Tränen zu zeichnen. Auch dabei galt immer die Kraft des Einfachen (less is more). Mit einer einzigen Träne erreicht man oft mehr als mit einem tränenüberströmten Gesicht. Am besten dazu gleich einmal durch die Bücher "Miffy weint" oder "Liebe Oma" blättern.

 

Dick Bruna konzentrierte sich bei seinen Illustrationen wie auch bei der Schriftart auf das Wesentliche. Daher entschied er sich für eine serifenlose Schrift, also ohne abschließende Querstriche, und benutzte in seinen Büchern nie Großbuchstaben und vermied Lesezeichen weitestgehend. 

 

Farben

Dick Bruna verwendete nur wenige Farben. Das sind Rot, Gelb, Blau, Grün und Schwarz. Nur ab und zu nahm er auch Braun und Grau und ganz selten Orange. Und Lila gibt es in keinem einzigen Bilderbuch von ihm. Diese Farbe mochte Dick Bruna nämlich überhaupt nicht!

 

Die Bücher werden in den speziellen Dick-Bruna-Farben gedruckt. Das sind die Farben, die eigens für Dick Bruna hergestellt wurden. Dick Bruna liebte zum Beispiel warmes Rot. Daher hat er diesem Rot etwas Orange beigemischt. Das Gelb darf nicht zu frostig aussehen, deshalb bekommt es etwas mehr Rot, um es wärmer wirken zu lassen. Diese typischen Dick-Bruna-Farben gibt es in keinem einzigen anderen Bilderbuch. Deshalb sind sie auch so erkennbar! 

 

Buchcover

Früher entwarf Dick Bruna Buchumschläge für den Verlag seines Vaters A.W. Bruna & Zoon. Er hat sich hauptsächlich mit der Taschenbuchreihe "Zwarte Beertjes" einen Namen gemacht, für die er auch das Logo und zahlreiche Plakate entworfen hat. Als er seine ersten Bilderbücher entwarf, ging er bei dieser Arbeit genauso grafisch vor, wie bei den Buchumschlägen. Was er zeigen wollte, führte er auf das Wesentliche zurück. Wollte er beispielsweise einen Elefanten zeichnen, ging er zuerst in den Zoo und zeichnete den Elefanten so, wie er war. Er zeichnete den Elefanten also mit dem Bleistift sehr detailliert nach. In seinem Studio fing er damit an, immer mehr Details wegzulassen, bis genau das übrigblieb, was den Elefanten als Elefanten erkennen ließ. Auf diese Weise ähneln seine Zeichnungen manchmal Piktogrammen.

 

Eigens für Kinder

Als die Bücher zum ersten Mal erschienen, hielten die meisten Erwachsenen nur wenig davon. Es gab kaum Text, nur wenige Illustrationen und das Ganze war ihnen zu detaillos. Eine solche Reaktion können wir uns heutzutage fast nicht mehr vorstellen! Kindern gefallen diese Bilderbücher aber auf Anhieb. Kinder lieben die Farben, die Dick Bruna verwendet. Sie erkennen alle Formen sofort, weil sie wie eine Art Piktogramm aussehen - und weil sie so wenig Details haben, bleibt ganz viel Freiraum für die eigene Fantasie. Zahlreiche Illustratoren haben sich seitdem vom Werk Dick Brunas inspirieren lassen und mittlerweile sind bereits drei Generationen mit den Miffy-Büchern groß geworden. 

 

Genehmigung

Seine Frau Irene spielte schon immer  eine besondere Rolle bei der Entstehung der Bücher. Dick Brunas Arbeitsweise blieb im Laufe der Jahre immer gleich. Zuerst arbeitete er ganz allein an einem neuen Buch. Er sprach mit niemanden darüber. Nachdem das Buch fertig war, lud er seine Frau in sein Studio ein und zeigte ihr als Erste das neue Buch. Sie beurteilte das Buch und erst, wenn es ihr gefiel, durfte das Buch verlegt werden. Wenn Irene allzu viel Kritik an einem Buch übte, landete es in einer Schublade. Manchmal sah er sich das Buch später noch einmal an und änderte das eine oder andere daran, damit es doch noch verlegt werden konnte. Es ist aber auch vorgekommen, dass ein solches Buch in der Schublade geblieben und daher auch nie erschienen ist.

 

Ganz viel Bücher

Im Lauf der Jahre verkauften sich seine Bücher über 85 Millionen Mal. Die weltweit von Kindern gelesenen Büchern wurden in mehr als 50 Sprachen übersetzt. 2011 erschienen die Bücher zum ersten Mal auf Russisch, der damit 50. Sprache. So ist ein großer Wunsch Dick Brunas erfüllt worden.

 

Nie im Profil

In seinen Büchern sehen die Figuren dem Leser immer ins Gesicht. Dick Bruna hat ab und zu versucht, Gesichter im Profil zu zeichnen, aber das Ergebnis gefiel ihm nicht. Nur selten sehen wir der einen oder anderen Figur in einem Buch auf den Rücken, aber wir sehen sie nie von der Seite. Eigentlich hat er nur ein paar Mal für ein "Zwarte Beertjes"-Plakat eine Illustration seitlich (im Profil) dargestellt, aber dann immer noch mit einem Auge, das den Betrachter ansah. Er bemühte sich auch bei den Buchcovern immer darum, dem Leser/Betrachter ins Gesicht zu schauen, um einen direkten Kontakt herzustellen. 

 

Inspiration

Dick Bruna entwarf Bücher, weil er sie schön fand. Er wollte einfach immer schöne Bilder schaffen, die grafische Entwürfe waren. Dass Kinder auf der ganzen Welt seine Bilderbücher lieben, ist daher Zufall. Vielleicht lag es auch daran, dass er die Welt immer mit den Augen eines Vierjährigen sehen und fühlen konnte. Wenn er mit dem Rad unterwegs zu seinem Atelier war, ließ er sich von den auf der Straße spielenden Kindern inspirieren.

 

Nachdem Dick Bruna zum ersten Mal Opa geworden war, ließ er sich von seinen Enkelkindern inspirieren. So ist "Miffy im Zelt" entstanden, nachdem er seiner Enkelin im Garten beim Spiel mit einem kleinen gelben Zelt zusah. Als sein Enkel einmal bei ihm zu Besuch war und sich als Gespenst verkleidete, entstand aus dieser Idee "Miffy, das Gespenst". 

 

Arbeitsmethode

Bei Dick Bruna fing alles immer damit an, dass er sich eine Geschichte ausdachte. Er versuchte, diese Geschichte in 12 oder 13 Zeichnungen zusammenzufassen und machte sich dann an die Arbeit. Manchmal entstanden auf diese Weise Hunderte von Skizzen, bevor er genau die 12 Zeichnungen hatte, die die Geschichte am besten erzählten. Diese 12 Zeichnungen übertrug er eine nach der anderen mit einem spitzen Bleistift auf dickes Papier. So entstand eine Rille in dem dicken Papier. Danach zeichnete er mit Pinsel und schwarzer Farbe die Konturen. Anschließend wurden diese Linienillustrationen auf einen durchsichtigen Bogen übertragen. Erst danach machte er sich mit dem Ausmalen der Illustrationen an die Arbeit. Dazu schnitt er die Formen aus dem Farbpapier aus und hielt sie hinter die durchsichtige Folie. So konnte er gut sehen und entscheiden, ob er Miffy ein gelbes oder rotes Kleid anziehen sollte. Früher malte Dick Bruna die Farben mit Plakatfarbe auf dickes Papier, auf dem sich bereits die schwarzen Konturen befanden. Wenn ihm dann eine Farbe nicht gut genug gefiel, musste er die ganze Arbeit vor vorne anfangen! Später ging das alles viel einfacher. Wenn die Farben für ihn perfekt waren, klebte er die bunten Formen auf die Rückseite der transparenten Folien mit den schwarzen Konturlinien. Als die Illustrationen fast fertig waren, ging es mit dem Text weiter. Der Text wurde auf der Schreibmaschine geschrieben und zusammen mit den Illustrationen in den Verlag geschickt. Auch wenn alles sehr einfach aussieht, kann man sich gut vorstellen, dass Dick Bruna monatelang an einem einzigen Buch gearbeitet hat! 

 

Text

Der Text in den Bilderbüchern ist immer ein Vierzeiler, bei dem sich das letzte Wort der zweiten und der vierten Zeile reimen. So ergibt sich ein angenehmer (Vor-)Lese-Rhythmus. Dadurch eignen sich diese Texte auch so gut für kleine Kinder: Man hört gern zu und wegen des Reims kann man sich den Text leicht merken. In einigen Büchern gibt es überhaupt keinen Text; dort erzählen die Zeichnungen die Geschichte. 

 

Abenteuer im Haus und rund ums Haus

Die Geschichten in den Büchern Dick Brunas sind immer schön und eingängig und nie gruselig. Meist handeln sie von kleinen Abenteuern, die man im Haus und rund ums Haus herum erlebt. Manchmal wollte Dick Bruna den Kindern etwas mitgeben, zum Beispiel, wie man mit Problemen umgeht, aber die Geschichten gehen immer gut aus. Deshalb hat er auch "Miffy weint" (als sie ihren Teddybär verloren hat) und "Miffy im Krankenhaus" (als Miffy eine Nacht im Krankenhaus bleiben muss) geschrieben und gezeichnet. Ab und zu entstanden auch Bücher zu Themen, über die man nicht so leicht redet. Wie "Lotte", das von einem Mädchen handelt, das im Rollstuhl sitzt, und "Liebe Oma", in dem Miffys Oma stirbt. Weil Dick Bruna der Auffassung war, dass der Tod zum Leben gehöre, war es ihm ein Anliegen, dazu ein Buch zu schreiben und zu entwerfen. Das gelang ihm so hervorragend, dass Kinder, aber auch Erwachsene in diesem Buch Trost finden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass er dafür einen Preis bekommen hat (1997 den Silbernen Griffel). 

 

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